…und wofür wir sie nutzen

Die Versuchstierzahlen gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jährlich heraus und übermittelt sie an die EU. Früher übernahm diese Aufgabe das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Die aktuellsten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2021 (Stand: 13.06.2023). Demnach wurden 2019 rund 1,86 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßer in Deutschland in Tierversuchen eingesetzt. Bei etwa 80 Prozent der eingesetzten Versuchstiere handelte es sich um Nagetiere, vor allem Mäuse und Ratten. Hinzu kamen Fische, Kaninchen und Vögel sowie andere Tierarten.

Das BfR schreibt dazu: „Obwohl heute schon viele Fragen der Wissenschaft durch den Einsatz von Zellkulturen, Organoiden, mikrophysiologischen Systemen, computergestützten Verfahren und weiteren Alternativmethoden beantwortet werden können, kann auf den Einsatz von Tieren für wissenschaftliche Zwecke – unter anderem in der medizinischen Forschung – noch nicht verzichtet werden. So dienten rund 56 % der Tierversuche der Grundlagenforschung. […] Etwa 14 % der Tiere wurden im Rahmen der Erforschung von Erkrankungen von Menschen und Tieren verwendet.“

Hier wollen wir euch verschiedenste (auch ungewöhnliche) Versuchstiere vorstellen.

Mäuse

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Das mit Abstand am häufigsten genutzte Labortier ist die Maus (ca. 65% aller Versuchstiere im Jahr 2019, insgesamt etwas über 1.4 Millionen Mäuse), aber wie sind die flinken Nagetiere weltweit in unsere Labore eingezogen und warum halten sie sich so erfolgreich?

Jahrhundertelang galten die Tiere als Schädlinge und Nahrungskonkurrenten, doch im 18. und 19. Jahrhundert zogen sie zunächst das Interesse von privaten Tierliebhabern auf sich, die die Tiere gezielt züchteten und untereinander austauschten. Die hohe Variabilität an Fell- und Augenfarben rief anschließend auch Wissenschaftler auf den Plan, die den Ursprung dieser Vielseitigkeit erforschten. Dabei entdeckten sie zum Beispiel, dass nur Mäuse mit einer bestimmten Mutation, empfänglich für Krebs waren. Um nun weiter in diesem für Menschen wichtigen Themenfeld forschen zu können, benötigte man Tiere mit genau dieser Mutation, die sich auch sonst genetisch sehr ähnlich waren, um wissenschaftliche Ergebnisse besser vergleichen zu können. Und so begann auch für die Forschung die gezielte Züchtung von bestimmten Mauslinien.

Mit ihrer kleinen Größe, einer verhältnismäßig kurzen Generationszeit und vielen Nachkommen ist die Maus ein ideales Modelltier. Forschende lernten immer mehr über das Erbgut der Tiere, im Jahr 2002 wurde ihr Genom vollständig entschlüsselt und somit ein wichtiger Grundstein dafür gelegt, dass heutzutage in fast allen biologischen Fachrichtungen gezielt gentechnisch veränderte Mausmodelle für die Untersuchung der unterschiedlichsten Fragestellungen genutzt werden können.

Wusstet ihr, dass 30 der 111 bisher vergebenen Nobelpreise für Medizin/Physiologie an Forschende verliehen wurden, die mit Mäusen gearbeitet haben?

Hier erklären Forschungseinrichtungen, Forschende und Tierpfleger:innen, warum sie mit Mäusen arbeiten und welche Erkenntnisse sie bereits gewinnen konnten:

Ratten

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Ratten werden seit bereits 200 Jahren für die Forschung eingesetzt. Schon damals waren sich Forscher der außergewöhnlichen Intelligenz der Tiere bewusst und untersuchten deren Lernfähigkeit u.a. in Labyrinthen. Heute sind Ratten nach Mäusen die am häufigsten eingesetzten Versuchstiere und kommen in Bereichen wie Krebsforschung, Stoffwechselerkrankungen und Toxizitätstests zum Einsatz. Zudem sind sie wichtige Modelle in der Verhaltensforschung macht, da sie Mäusen zwar sehr ähnlich sind, aber eine bessere Lernfähigkeit beweisen und regelrecht darauf trainiert werden können, bestimmte Aufgaben zu erledigen.

Wie werden Ratten heute in Laboren gehalten? Ein Video von einem typischen Laborkäfig gibt es auf der Seite von animalresearch.info.

Das Genom der Ratte ist seit 2004 komplett entschlüsselt. Daher wissen wir, dass ihr Genom zu 90 % mit dem des Menschen übereinstimmt. Und noch spannender: Alle uns heute bekannten Gene, die Krankheiten beim Menschen hervorrufen können, gibt es auch in der Ratte. Dank moderner Genmodifizierungsstrategien, wie z.B. der Genschere CRISPR-Cas, die dieses Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ist es heute möglich, Ratten gentechnisch zu verändern und so genannte transgene Ratten zu erzeugen.
In einigen Punkten sind Ratten uns Menschen überlegen: So haben sie nicht nur einen exzellenten Geruchssinn, sondern auch mehr Gene, die im Abbau von Toxinen wichtig sind. Das gilt es im Sinn zu behalten, wenn Ratten in Giftigkeitsstudien eingesetzt werden, da sie möglicherweise weniger empfindlich auf einen Stoff reagieren als die menschlichen Probanden später in den klinischen Studien. Je genauer wir darüber aber Bescheid wissen, desto geringer ist auch das spätere Risiko.

 

Quellen

Kaninchen

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Das Wildkaninchen (engl. European rabbit) Oryctolagus cuniculus ist wohl allen Forschenden ein Begriff: und seien es nur die Antikörper. „Rabbit antibodies“ gibt es wohl in jedem Labor. Die Antikörper ermöglichen es z.B. in so genannten Immunfluoreszenzfärbungen, Proteine und Strukturen anzufärben und damit für den Forschenden sichtbar zu machen. So arbeitet unsere Emma zwar aktuell nicht selbst mit Versuchstieren, sondern mit menschlichem Blut, ist aber dennoch auf Versuchstiere bzw. deren Antikörper angewiesen, um ihre Forschung zu betreiben. Sie nutzt die Antikörper, um bestimmte Proteine im Malariaerreger anzufärben, oder um das Vorhandensein modifizierter Proteine in ihren transgenen Erregern auf einem „Western Blot“ nachzuweisen – Standardmethoden in jedem molekularbiologischen Labor. Zur Produktion von Antikörpern wird ein entsprechendes Protein bzw. ein Markerprotein wie das berühmte GFP in Kaninchen injiziert, die daraufhin gegen das „Fremdprotein“ Antikörper entwickeln. Oft kommen dabei weiße Kaninchen (New Zealand white rabbits) zum Einsatz, deren schiere Größe es ermöglicht, eine große Menge Antiserum zu gewinnen, aus dem die Antikörper aufgereinigt werden.

Kaninchen kommen darüber hinaus aber auch bei der Untersuchung verschiedenster menschlicher Krankheiten zum Einsatz. Dazu gehören Syphilis, Tuberkulose, HIV-AIDS, akutes Nierenversagen, Herpes und Infektionen mit Papillomaviren. Zudem waren sie Wegbereiter für die Impfstudien gegen Tollwut, die Louis Pasteur 1881 begann.

Versuche an Kaninchen stehen aber auch immer wieder in der Kritik. Meist geht es dabei um den so genannten „Draize-Test“, einen Augenreizungstest, der seit 1944 angewandt wird, um die Reizwirkung von verschiedenen Chemikalien, die bspw. im Haushalt eingesetzt werden könnten, zu überprüfen und damit eine Gefahr für den menschlichen Verbraucher zu minimieren. Eine zu prüfende Substanz wird dabei in den Lidsack eines Kaninchenauges gegeben. Nach vorgegebenen Zeitintervallen wird das Auge auf verschiedene Reizungssymptome untersucht. Der Draize-Test konnte in vielen Bereichen durch einen Hühnerei-Test, den so genannten HET-CAM, ersetzt werden. Außerdem arbeiten Forscher:innen daran, einen in vitro-Test zu entwickeln, der auf menschlichen Primärzellen aus dem Corneaepithel beruht.

 

Quellen:

  • Esteves, P.J., Abrantes, J., Baldauf, HM. et al. 2018. The wide utility of rabbits as models of human diseases. Exp Mol Med 50, 1–10.
  • Lotz C, Kiesewetter L, Schmid FF, Hansmann J, Walles H, Groeber-Becker F. 2018. Replacing the Draize eye test: Impedance spectroscopy as a 3R method to discriminate between all GHS categories for eye irritation. Scientific Reports 8:15049.
  • Steiling W, Bracher M, Courtellemont P, de Silva O. The HET-CAM, a Useful In Vitro Assay for Assessing the Eye Irritation Properties of Cosmetic Formulations and Ingredients. Toxicol In Vitro. 1999 Apr;13(2):375-84.
  • http://www.animalresearch.info/en/designing-research/research-animals/rabbit/

Meerschweinchen

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Meerschweinchen werden schon seit ca. 200 Jahren in der Forschung verwendet; sie waren der erste Modellorganismus, an dem Infektionskrankheiten wie Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis) und Diphterie (Corynebacterium diphteriae) erforscht wurden. Robert Koch hat seine Postulate während der Arbeit mit Meerschweinchen aufgestellt und geprüft.
Sie stellen ein so geeignetes Modell für die Tuberkulose-Forschung dar, da sie infizierbar sind und sehr ähnliche Symptomen und pathologische Abläufe nach Infektion zeigen. Auch konnten und können heute standardmäßig gegen Tuberkulose eingesetzte Medikamente sowie Impfungen aufgrund der Ähnlichkeit zuverlässig untersucht werden.

Therapieforschung wird weiterhin benötigt, da konventionelle Medikamente starke Lebernebenwirkungen hervorrufen. Dazu werden auch die molekularbiologischen Werkzeuge und Methoden, zum Beispiel Antikörper und PCR-Verfahren, die vor allem für Mäuse schon zahlreich vorhanden sind, immer weiter am Meerschweinchen angepasst und verfeinert.
Sehr ähnlich zum Menschen und damit geeignet als Modelltiere sind Meerschweinchen zum Beispiel auch bei verschiedenen hormonellen oder Immunantworten, pulmonaler Physiologie, Kortikosteroid-Antwort und der Tatsache, dass Vitamin C extern zugeführt werden muss. Unsere Chrissie von Pro-Test hat Meerschweinchen für ihre Arbeit zu einem Hautmodell genutzt, da sie auch in Bezug auf Hautzusammensetzung und Haaraufbau dem Menschen sehr ähnlich sind. Sie konnte ein Hautpilzmodell etablieren, das Informationen zum Infektionsverlauf sowie der Produktion von fungalen Virulenzfaktoren beigetragen hat. Im dermatologischen Zusammenhang wurden Meerschweinchen auch für Untersuchungen mit Staphylococcus aureus und Wundmodellen genutzt.

Weitere Infos zu Meerschweinchen als Modellorganismus gibt es auch hier: https://www.tierversuche-verstehen.de/10-fakten-zu-meerschweinchen/

 

Quellen:

  • Padilla-Carlin DJ, McMurray DN, Hickey AJ. 2008. The guinea pig as model of infectious diseases. Comparative Medicine, Volume 58, Number 4. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18724774/
  • Baumbach CM, Schrödl W, Nenoff P, Uhrlaß S, Mülling CKW, Muchler JK. 2019. Modeling dermatophytosis: Guinea pig skin explants represent a highly suitable model to study Trichophyton benhamiae infections. The Journal of Dermatology, Volume 47, Issue 1. https://doi.org/10.1111/1346-8138.15150

Nacktmulle

…die ungewöhnlichsten aller Säugetiere! (Ok, ok, zusammen mit den Schnabeltieren…)

(c) Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin in Buch, Berlin

Nacktmulle sind etwa mausgroße Nagetiere, die in der afrikanischen Steppe in unterirdischen Bauen leben. Sie haben – der Name verrät es – kein Fell und ihr Äußeres wird oft mit einer aufgeplatzten Bockwurst verglichen. Dabei sind sie in einer komplexen Sozialstruktur organisiert, die ähnlich einem Bienen- oder Ameisenstaat funktioniert: Eine Königin ist das einige Weibchen, dass sich paaren und fortpflanzen darf.
Ihre Lebensumstände sind es, die im Laufe der Evolution für einige Überraschende Eigenschaften und Fähigkeiten gesorgt haben. So können Nacktmulle mit sehr geringer Sauerstoffkonzentration leben, was dem Leben in den engen Gangsystemen in der Erde geschuldet sein dürfte. Außerdem haben sie stark reduziertes Schmerzempfinden, was auf die häufigen Rangkämpfe zurückgeführt wird, bei denen sich die Tiere mit ihren großen Nagezähnen durchaus empfindlich verletzen können. Außerdem werden Nacktmulle für ihre Größe extrem alt. Bis zu 30 Jahre alte Tiere hat man schon verzeichnet. Zum Vergleich: Ähnlich große Nagetiere wie Mäuse werden nur ca. 2 Jahre alt. Ein Grund könnte sein, dass sie verschiedenen Krankheiten zu trotzdem scheinen, die sonst stark mit fortschreitendem Alter assoziiert sind: So sind Nacktmulle dafür berühmt, dass sie so gut wie nie Krebs bekommen. Gary Lewin, Forscher am MDC Berlin, der diese Tiere seit Jahren erforscht, sagt deshalb zurecht: „Der Nacktmull ist das ungewöhnlichste Tier von allen“. Vom Nacktmull zu lernen könnte zu Fortschritten in vielen wichtigen Forschungsbereichen der Biomedizin führen.

 

Check it out:

Affen

Unsere nächsten Verwandten gehören sicher zu den interessantesten Versuchstieren – denn einige unserer menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten kommen nur die Primaten wirklich nahe. Und tatsächlich werden Primaten auch nur dann als Versuchstiere eingesetzt, wenn die Versuche eine besondere evolutionäre Nähe zu Menschen erfordern. Das ist zum Beispiel in der Hirnforschung so, wenn wir etwas über die Grundlagen kognitiver Fähigkeiten lernen wollen, die Mäuse oder Ratten nicht haben.
Und das ist ganz auch besonders dann der Fall, wenn es um bestimmte Tests für neue Medikamente oder Impfstoffe geht, bei denen das Immunsystem eine Rolle spielt. >80% der Versuchsaffen (meist Javaneraffen, auch “Cynomolgen” genannt) werden bei Sicherheitsüberprüfung neuer Medikamente eingesetzt, bevor diese erstmals in klinischen Studien an Menschen getestet werden. Auch für die Impfstoffentwicklung gegen COVID-19 / SARS-CoV-2 waren und sind Affen essentiell – denn im Unterschied zu den meisten anderen Tierarten sind Primaten für SARS-CoV-2 empfänglich und entwickeln auch einige Krankheitssymptome (haben allerdings normalerweise keine schweren Verläufe). Sie können also als Tiermodell für COVID-19 helfen – und das haben sie auch. Ohne solche Versuche wäre gar nicht klar, ob ein Impfstoff überhaupt vor einer Krankheit schützt – oder sogar möglicherweise im Gegenteil krankheitsverstärkend wirkt (sog. ADE bzw. ERD). Bei Versuchen mit einigen SARS-Impfstoffkandidaten bei der damaligen Pandemie war nämlich genau das der Fall, weshalb die Impfstoffe nie in Menschen getestet wurden und man dieses mal ganz besonders genau hingeschaut hat!

Die mit uns am engsten verwandten Affen sind Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans. Mit diesen Menschenaffen werden jedoch bereits seit fast 30 Jahren keine invasiven Tierversuche mehr in Deutschland durchgeführt. In der EU sind Versuche mit Menschenaffen grundsätzlich verboten und auch in den USA mittlerweile stark eingeschränkt. Das ist aus ethischen Überlegungen sehr verständlich – allerdings müssen wir auch anerkennen, dass die Forschung mit Schimpansen in einigen Bereichen der Medizin enorm hilfreich war. So wurde der Nobelpreis für Medizin oder Physiologie dieses Jahr für die Entdeckung des Hepatitis C-Virus vergeben – eine Errungenschaft, die direkte Auswirkungen auf den medizinischen Alltag hatte, und ohne Versuche an Schimpansen zu der Zeit unmöglich gewesen wäre.

Die ethische Abwägung bei Affenversuchen bleibt besonders schwierig. Umso mehr begrüßen wir bei Pro-Test alle Transparenz-Initiativen von Instituten und Forschungseinrichtungen, die mit Affen, aber auch mit anderen Tieren arbeiten, denn nur wenn wir alle Fakten haben und diese frei zugänglich sind, können wir alle informiert über das Für und Wider diskutieren. So formulieren wir bei Pro-Test es auch in unserem Leitbild: Wir wollen, dass Tierversuche kein Tabuthema mehr sind – egal, ob man dafür oder dagegen ist. Wir wollen darüber reden und uns der Diskussion stellen. Wenn ihr Fragen habt, wendet euch gern jederzeit an uns. Und bis dahin: Fleißig weiter kommunizieren.

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Quellen und weitere Infos:

Zebrafische

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Zebrafische (oder Zebrabärblinge) sind beliebte Zierfische, aber auch in der biomedizinischen Forschung weit verbreitet. 70 % der Gene dieses kleinen Wirbeltiers kommen auch bei uns vor. Und noch erstaunlicher: Über 80 % der (bislang bekannten) krankheitsauslösenden Gene im Menschen gibt es auch im Fisch. 2018 wurden in Deutschland 192.040 Fische (nicht nur Zebrabärblinge) als Versuchstiere eingesetzt.

Zebrafische sind verhältnismäßig einfach zu halten: Sie stellen wenig Ansprüche an Lebensraum und Wasserqualität und leben in Schwärmen, was es ermöglicht, sie in Aquarien zu halten und zu züchten. Immerhin legt ein Zebrafisch-Weibchen bis zu 300 Eier pro Woche! Die Nachkommen entwickeln sich schnell, sind aber in den frühen Entwicklungsphasen außerhalb des Muttertiers transparent – ideal, um Entwicklungsvorgänge nicht-invasiv zu beobachten. Mittlerweile gibt es viele transgene Linien, die genetisch manipuliert wurden. Außerdem besitzen Zebrafische ein enormes Regenerationspotential: abgetrennte Flossen können wieder nachwachsen. Wie? Das versuchen Forscher:innen noch herauszufinden. Durch die Erforschung dieser faszinierenden Tiere lassen sich aber auch Therapien für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln, wie es z.B. das Uniklinikum Heidelberg auf seiner Webseite beschreibt (Link s.u.).

Neben der Grundlagenforschung kommen Zebrafische aber auch in Giftigkeitsstudien zum Einsatz: Wie alle Fische nehmen sie gelöste Substanzen auf dem Wasser aus. Giftigkeit und ggf. Nebenwirkungen neuer Medikamente können so vergleichsweise einfach getestet werden.

Über seine Arbeit und z.T. auch emotionale Beziehung mit und zu Zebrafischen berichtet unser Flo auch kurz im Mailab-Video “Wie fühlt es sich an Tiere zu töten? #AskAScientist”, ca. 09.07 – 09:47 min. Das ganze Video sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen!

 

Quellen:

Vögel

…von wegen dummes Huhn!

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Die Nachfahren der Dinosaurier haben einige erstaunliche kognitive Fähigkeiten entwickelt. So wurde etwa erst in diesem Jahr nachgewiesen, dass Krähen zumindest bestimmte Formen von Bewusstsein zeigen. Sie können Pläne schmieden, täuschen bewusst andere Tiere oder Artgenossen und sind erstaunlich geschickt mit Werkzeugen, um auch für sie völlig neue Probleme zu lösen.

Auch der Gesang der Vögel ist Forschungsgegenstand, denn häufig wird der Gesang von den Eltern oder anderen Artgenossen erlernt bzw. weitergegeben und ggf. variiert. Zebrafinken und Nachtigallen gehören zu den Versuchstieren in diesem Bereich.

Die neurobiologischen Grundlagen der Vogelfähigkeiten sind zum Großteil noch unklar, denn das Vogelgehirn hat eine fundamental andere Gehirnstruktur im Vergleich zu uns Säugetieren. Die Frage, ob Vögel einen Neokortex (Großhirnrinde) haben, ist dabei offenbar gar nicht so einfach zu beantworten. Klar ist jedenfalls: In einem kleinen Vogelgehirn sind die Nervenzellen deutlich dichter gepackt als in Säugetiergehirnen, was erklären könnte, warum so kleine Gehirne so viel Intelligenz hervorbringen können.

 

Hier einige interessante Links und Videos dazu:

Hunde

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Hunde gehören in Deutschland zu den beliebtesten Haustieren: in fast jedem 5. Haushalt (19%) lebt eine der Fellnasen – insgesamt über 9 Mio. Tiere in Deutschland (2019). Aber: In 2019 wurden nach Angaben des BMEL auch 3519 Hunde für Tierversuche eingesetzt, insbesondere zur Erforschung von Tierkrankheiten sowie für die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen von Tier- und Humanarzneimitteln. Am häufigsten werden dabei Beagles eingesetzt. Gerade weil viele Menschen eine enge Beziehung zu ihrem Haustier haben, wird die Debatte über Hunde als Versuchstiere schnell sehr emotional; die Internetrecherche zeigt zuerst und überwiegend Beiträge, die sich gegen Versuche an und mit Hunden aussprechen oder/und über deren Nutzlosigkeit schreiben.

An dieser Stelle seien daher bewusst einmal wichtige Erkenntnisse und Entwicklungen aus Versuchen mit Hunden aufgelistet: sie waren am Verständnis der Herzfunktion und der Entwicklung von Herzschrittmachern und Defibrillatoren beteiligt; mit ihnen wurde die Wirkung von Insulin auf den Blutzuckerspiegel erforscht und ganz praktisch werden sie heute sogar im Alltag zur Unterstützung von Diabetikern eingesetzt (Warnung vor zu hohem/niedrigem Blutzuckerspiegel); wichtige Erkenntnisse wurden auch in der Grundlagenforschung zum Verständnis von bestimmten neuronalen Verhaltens- und Funktionsweisen mit Hunden gewonnen (berühmtestes Beispiel ist hier vielleicht der Pavlov´sche Reflex). Solange wir nicht gänzlich auf Tierversuche verzichten können, müssen wir ihre Anzahl so weit möglich reduzieren und den eingesetzten Tieren bestmögliche Haltung und Pflege zuteilwerden lassen. Ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls wird hierbei auch von verschiedenen Kooperationen zwischen Forschenden (Unternehmen) und Vereinen geleistet, die vor allem Hunde nach Abschluss von Versuchsreihen in private Haushalte an erfahrene und liebevolle Tierbesitzer vermitteln. Weitere Infos: siehe Links unten.

Es ist übrigens vollkommen okay, die Notwendigkeit von Tierversuchen anzuerkennen, ohne den Tierversuch selbst durchführen zu wollen. Jeder hat dabei seine eigenen Grenzen. Auch wenn ich – Emma von Pro-Test – nicht selbst mit Hunden im Tierversuch arbeiten möchte, kann ich doch akzeptieren, dass die Versuche mit Hunden wichtige Erkenntnisse liefern können. Es bleibt gerade bei den Tieren, zu denen wir eine emotionale Verbindung haben, aber ein schwieriges Thema. Und darüber können und sollten wir offen reden.

 

Infos gibt es hier:

Katzen

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680 Katzen wurden 2019 in Deutschland in Tierversuchen eingesetzt. Mit 0.03 % aller Versuchstiere sind sie damit selten. Ähnlich wie bei Hunden ist aber auch bei Katzen die emotionale Bindung zwischen Katzen und uns groß. Umso mehr wollen wir die bahnbrechenden Entwicklungen würdigen, die Versuche an und mit Katzen ermöglicht haben. Die Erkenntnisse kommen oft wiederum Katzen zugute – manchmal aber auch uns Menschen. So entdeckten Wissenschaftler 1965, dass die sogenannte Katzenleukose, ein Blutkrebs, durch eine Infektion mit einem Retrovirus hervorgerufen wird. Heute können Katzen gegen das Virus geimpft werden und sind damit vor dieser Krankheit geschützt. Durch die Erforschung dieser Katzen-Leukämie wurden darüber hinaus sogenannte Onkogene („Krebsgene“) definiert. Als diese Gene auch im Menschen identifiziert wurden, konnte schnell gezeigt werden, dass deren Dysregulation die molekulare Grundlage für viele aggressive Krebsarten beim Menschen bildet.

Ein weiteres beeindruckendes Beispiel ist das FIV (Feline Immunodeficiency Virus), das dem HI-Virus beim Menschen ähnelt. In Katzen wurde entdeckt, dass das Virus lange unbemerkt im Körper sein kann, bevor es zu einem Verlust von bestimmten Immunzellen führt, was schließlich in einem Zusammenbruch des Immunsystems endet. Beim Menschen nennen wir es dann AIDS. Bis heute ist das FIV das einzige uns bekannte Virus, das in seinem natürlichen Wirt – der Katze – ebenso zu AIDS führt wie HIV bei uns. Die Forschung an FIV half dabei, retrovirale Therapien zu entwickeln, deren Wirkmechanismus sich auf HIV-erkrankte Personen übertragen lässt.

Weitere Bereiche, in denen Katzen eingesetzt werden, sind bspw. Alterungsforschung und Studien zu Lernfähigkeit oder sensorischen Systemen. In der Pharmaindustrie wird der Großteil aller Versuchskatzen zur Entwicklung von Katzen-Medikamenten eingesetzt werden. 

Was passiert mit Katzen nach einem Versuch? Sofern nicht sicher gesagt werden kann, dass die Katze ohne Schmerzen weiterleben kann, muss sie leider eingeschläfert werden, um ihr unnötiges Leid zu ersparen. Sofern ein Tierarzt aber entscheidet, dass die Katze gesund ist und keine durch die Versuche hervorgerufenen Schäden und Schmerzen zu erwarten sind, dürfen Katzen als Heimtiere über Tierschutzorganisationen vermittelt werden.

 

Weitere Quellen und Links:

Schweine

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Wer an Schweine als Nutztiere denkt, denkt zumeist an die Zucht und Mast. Doch dass Schweine auch als Versuchstiere eingesetzt werden, dürfte manchem neu sein. 2019 kamen in Deutschland nach Angaben des BMEL 1073 Schweine bei Versuchen zum Einsatz (ca. 0.15 % aller Versuchstiere). Sie gehören neben Schafen und Kühen zu den größeren Versuchstieren und sind gerade deshalb so interessant für die Forschung.

Die Organe von Schweinen haben eine ähnliche Größe wie die des Menschen. Eine Tatsache, die vor allem dann interessant wird, wenn neue chirurgische Methoden getestet und entwickelt werden sollen. So trugen Schweine zum Beispiel dazu bei, die Behandlung von Hirnblutungen verbessern: Durch Versuchen mit ihnen konnten ForscherInnen aus Heidelberg nachweisen, dass eine schnellstmögliche operative Entfernung der Blutgerinnsel aus dem Hirn die besten Ergebnisse für den Patienten liefert.

Darüber hinaus ist die ähnliche Größe der Schweine- und Menschenorgane interessant, wenn man über den möglichen Einsatz von Schweinen bei Xenotransplantationen nachdenkt. Bei einer Xenotransplantation wird ein Organ von einer Spezies auf eine andere übertragen. Durch den Einsatz von tierischen Organen in der Humanmedizin könnten wir dem andauernden Mangel an Spenderorganen entgegenwirken. Noch ist das Zukunftsmusik, da wir noch nicht gut genug verstehen, welche körpereigenen Mechanismen wir überwinden müssen, um eine Abstoßung der Organe zu vermeiden, aber ForscherInnen arbeiten kontinuierlich an der Weiterentwicklung von Verbesserung von Xenotransplantationen in Tiermodellen.

Ein weiteres Kapitel der Forschung an un dmit Schweinen heißt Diabetes: Noch bis in die 80er-Jahre wurde Insulin zur Behandlung von Diabetes-Patienten aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen gewonnen. Umgekehrt ist es heute dank neuer genetischer Methoden möglich, das Erbgut der Schweine so zu verändern, dass sie Diabetes entwickeln. An diesen Diabetes-Schweinen können dann neue Behandlungsmethoden getestet werden.

In der Vergangenheit gab es aber auch dunkle Kapitel: So waren Schweine in den USA an den meisten Nukleartests beteiligt. Heute kommen Schweine neben den bereits erwähnten Forschungsbereichen auch in der translationalen Forschung rund um Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Alzheimer, zystische Fibrose und Duchenne-Muskeldystrophie zum Einsatz. Zum einen sind das die traditionellen Schweine, die wir alle kennen. Vor allem in der Industrieforschung etablierten sich aber die so genannten „Göttinger Minipigs“, die auch ausgewachsen nicht mehr als 40 kg wiegen.

Wie leben Versuchsschweine? Auf der Seite der Uni Hohenheim gibt es einen virtuellen Rundgang durch die Versuchstierhaltung – auch durch den Schweinestall: https://www.uni-hohenheim.de/haltung-von-versuchstieren. Dazu gibt es jede Menge interessante Fakten zu den Haltungsbedingungen und den Bedürfnissen der Versuchstiere, aber auch dazu, in welchen Versuchen sie eingesetzt werden.

 

Quellen

Frettchen

(c) animalresearch.info

Insgesamt werden Frettchen eher selten für Versuchszwecke verwendet. 2018 waren es gerade einmal 69 Tiere in Deutschland (nach Angaben des BMEL). Ihre Bedeutung in der biomedizinischen Forschung wurde jedoch insbesondere in diesem Corona-Jahr wieder deutlich. Frettchen werden vor allem bei der Erforschung von Atemwegserkrankungen eingesetzt. Dazu gehört zum Beispiel die Grippe, da Frettchen naturgemäß anfällig für die gleichen Grippeviren wie der Mensch sind. In diesem (englischsprachigen) Video von Understanding Animal Research erklärt Prof. Wendy Barclay vom Imperial College London, wie sie und ihr Team Frettchen in ihrer Forschung einsetzen: https://www.understandinganimalresearch.org.uk/resources/video-library/ferrets-and-flu/

Viele der von Prof. Barclay genannten Prinzipien finden auch in der SARS-CoV-2-Forschung Anwendung. Nach Infektion mit SARS-CoV-2 zeigen Frettchen keine oder milde Symptome (Lethargie, keuchender Atem, Niesen etc., z.T. leichtes Fieber). Das Virus konnte sowohl in Nasen- als auch in Halsabstrichen nachgewiesen werden. Ebenso wie in den von Prof. Barclay beschriebenen Versuchen konnte auch für SARS-CoV-2 gezeigt werden, dass uninfizierte Frettchen von infizierten Artgenossen angesteckt werden können – sowohl innerhalb des eigenen Käfigs als auch darüber hinaus (wenn auch im letzteren Fall nicht „effizient“). Aufgrund der ähnlichen Symptomatik werden Frettchen wohl nicht nur in Studien zur Übertragbarkeit des Virus zum Einsatz kommen, sondern auch beim Testen neuer Impfungen oder Therapeutika.

Neben Virus-bedingten Atemwegserkrankungen haben sich Frettchen auch bei der Erforschung von anders verursachten Erkrankungen, wie COPD, zystischer Fibrose und Lungenkrebs als wertvolle Modellorganismen erwiesen.

 

Quelle:

  • Munoz-Fontela C, Dowling WE, et al. 2020. Animal models for COVID-19. Nature 586:509-515.
  • Albrecht RA, Liu WC, Sant AJ, Tompkins SM, Pekosz A, Meliopoulos V, Cherry S, Thomas PG, Schultz-Cherry S. 2018. Moving Forward: Recent Developments for the Ferret Biomedical Research Model. mBio 9 (4) e01113-18

Axolotl

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Die lächelnden Wasserwesen haben ganz besondere Fähigkeiten: Im Gegensatz zu anderen Salamanderarten bleiben sie ihr Leben lang im Larvenstadium (das wird Neotenie genannt). Sie entwickeln zwar Lungen, benutzen jedoch ihre außergewöhnlichen Kiemen zur Atmung unter Wasser. Dennoch erreichen sie die Geschlechtsreife, die ihre Fortpflanzung und damit den Fortbestand der Art sichert. Natürlicherweise kommen Axolotl in zwei Seen in der Nähe von Mexiko City vor (Lake Xochimilco und Lake Chalco), sind jedoch aufgrund der Wasserverschmutzung und der Einschleppung von Feinden (wie Raubfischen) selten geworden. Deshalb ist nur wenig über ihre natürliche Lebensweise bekannt – das meiste wissen wir aus Beobachtungen von Forschungs- und Haustieraxolotl. Dazu kommt ein ganz anderes Problem: Der Verlust der genetischen Diversität, die die noch verbleibende wilde Axolotl-Population anfällig für Krankheiten macht. Auch die heute genutzten Labor-Axolotl und die Axolotl, die als Haustiere gehalten werden, sind vom Problem der Inzucht betroffen: Fast alle Tiere haben gemeinsame Vorfahren in wenigen Tieren, die 1860 zum Jardin des Plantes in Paris gebracht wurden.

Für die Wissenschaft sind Axolotl ziemlich interessant, denn sie haben eine unfassbare Regenerationsfähigkeit. Ob Haut, Knochen, Knorpel, Muskel oder Teile des Nervensystems – Axolotl können sie nach einem Verlust nachwachsen lassen, voll funktional. Sie bilden dabei nicht einmal Narbengewebe. Wie machen sie das? Es scheint keine schlummernden Stammzellen zu geben, die einspringen können. Stattdessen entwickeln sich ausgereifte Bindegewebszellen zurück in Vorläuferzellen. Interessant, denn auch bei uns spielen Bindegewebszellen bei Verletzungen eine Rolle: Sie differenzieren allerdings nur zu so genannten Myofibroblasten, die dann fibrotisches Narbengewebe bilden. Warum das so ist und ob wir dabei eingreifen können, daran wird noch geforscht.

Ein weiterer wichtiger Forschungsbereich, bei denen Axolotl zum Einsatz kommen, ist die Krebsforschung, denn diese Wundertiere sind nahezu vollständig vor Krebs geschützt.

 

Quellen:

Kopffüßer (Cephalopoden)

Mehr “Alien” haben wir bisher noch nicht gefunden!

(c) Understanding Animal Research, UK. Creative Commons Attribution 4.0 International licence.

Mehrere Gehirne und Herzen, fast keine harten Körperteile – Oktopusse, Sepien und Kalmare sind ganz besondere Weichtiere und damit die nächsten Verwandten von Schnecken und Muscheln. Anders als diese sind sie aber agile Räuber mit hochkomplexem Nervensystem – die noch dazu völlig anders funktionieren, als wir das von ähnlich komplexen Wirbeltiergehirnen (Fische, Vögel, Säugetiere, etc.) kennen. Es scheint deutlich weniger “zentrale” Gehirn-Kontrolle über die Körperbewegungen zu geben als bei uns. Tatsächlich führen etwa die acht Arme der Oktopusse ein teilweises Eigenleben, ausgestattet mit eigenen Nervenknoten, die bestimmte, bei anderen Tieren dem Gehirn vorbehaltene Funktionen übernehmen. Die Cephalopoden gelten damit als die “Außerirdischen” unter den irdischen Lebewesen. Sie sind für ihre hohen kognitiven Fähigkeiten bekannt und seit Jahrzehnten wird an ihnen geforscht. So wurden zB grundlegende Prozesse der Elektrophysiologie der Nervenzellen an den Riesenaxonen der Kalmare erforscht und zum sog. Hodgkin-Huxley-Modell entwickelt, das 1963 mit dem Medizin-Nobelpreis bedacht wurde. Wenn wir mehr über die biologischen Grundlagen von Intelligenz und Kognition verstehen wollen, könnten uns die Kopffüßer einiges beibringen.
Vor etwa 500 Millionen Jahren trennten sich die evolutionären Linien der Vorfahren der Säugetiere und der Cephalopoden – wer versucht sich Aliens vorstellen will, sollte diese Tiere studieren.

Drosophila

(c) Wissenschaft.de

Als Insekt fällt Drosophila (D.) melanogaster nicht unter das Deutsche Tierschutzgesetz, Versuche mit diesen Lebewesen sind also formal keine Tierversuche. Da wir uns in unserem Adventskalender aber allgemein mit Modellorganismen der Forschung beschäftigen, möchten wir Euch diesen wichtigen Vertreter nicht vorenthalten. Die Bedeutung von Drosophila, nicht zuletzt auch für die medizinische Forschung, wird zum Beispiel im Medizin/Physiologie-Nobelpreis von 1995 für Christiane Nüsslein-Volhard, Ed Lewis und Eric Wieschaus deutlich (Aufklärung grundlegender genetischer Steuerungsmechanismen der frühen Embryonalentwicklung).

Die Taufliege ist schon seit den Versuchen von Thomas Morgan im Jahr 1910 Gegenstand der Forschung, vor allem in der Genetik und Entwicklungsbiologie. Durch den übersichtlichen Chromosomensatz von nur 4 Chromosomenpaaren eignete sich D. melanogaster besonders für die damaligen Fragen der Vererbungslehre. Doch auch heute ist sie ein attraktives Modellsystem für verschiedenste Fragestellungen zum Beispiel im Bereich der Hirnerkrankungen, der Alterns- und Demenzforschung. Im Jahr 2000 wurde das komplette Genom der Taufliegen sequenziert und eine erstaunliche Homologie zu Säugetieren und auch dem Menschen festgestellt, ca. 75% der krankheitsrelevanten Gene des menschlichen Organismus haben ein Sequenzhomolog in D. melanogaster. Seit dem Beginn der Forschung mit den etwa 3 mm langen Schwarmtieren wurden zahlreiche genetische Werkzeuge und mutante Allele entwickelt, die ihren Erfolg als Modellorganismus vorangetrieben haben. Zum Beispiel können so genannte „Transgene“, also Gensequenzen aus anderen Organismen, in das Fliegengenom eingeführt und so die Funktion der Genprodukte genau untersucht werden. Dies ist mit bestimmten Tricks sogar nur in ausgewählten Geweben oder mit eigentlich tödlichen Genen möglich.

Der Erfolg der kleinen Fliegen ist auch dadurch zu erklären, dass ihre Haltung sehr einfach und kostengünstig ihr. Ihr Generationszyklus ist mit ungefähr 10 -12 Tagen vergleichsweise kurz und die Fertilität mit ca. 1000 Eiern pro weiblicher Fliege sehr hoch. Außerdem ist eine enorme Anzahl transgener Fliegenstämme über verschiedene kommerzielle Anbieter (Vienna Drosophila Research Center, Bloomington Drosophila Stock Center) erhältlich. Mit der Internetseite Flybase.org wurde zudem eine Plattform geschaffen, auf der viele biologischen Informationen und erhältliche Linien zusammengefasst sind. Diese Infrastrukturen erleichtern die Arbeit und den Austausch der Forschenden natürlich immens.

 

Quellen: