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Weitere Infos rund um Tierversuche findest du auch in unseren Fatenchecks Die Basics und Rund um die Medizin.
Mit Materialien und Übersetzungen von Speaking of Research.
Warum führen Forscher Tierversuche durch?
Wissenschaftler erforschen Tiere um zu verstehen, wie lebende Organismen funktionieren und wie Krankheiten den Körper angreifen. Biologische Prozesse vieler Wirbeltiere sind denen des Menschen erstaunlich ähnlich. Daher können Forscher an relativ einfachen Organismen herausfinden, wie größere (z.B. der menschliche Körper) funktionieren.
Zum Beispiel hat unser heutiges Wissen über Genetik seinen Ursprung im Gemüsegarten des östereichischen Mönchs Gregor Mendel im 19. Jahrhundert. Er fand grundlegende Gesetzmäßigkeiten über Vererbung an Erbsenpflanzen heraus. Später konnten Forscher mehr über die Funktionsweise von Genen lernen, indem sie Bakterien, Hefe, Würmer, Fruchtfliegen und Mäuse erforschten.
Viele Tiere bekommen Krankheiten, die auch Menschen befallen. Wenn Mediziner diese Tiere untersuchen, können sie lernen, woher diese Krankheiten kommen und wie man sie verhindern oder heilen kann. Diese Befunde helfen sowohl Tieren als auch Menschen. Wissenschaftler untersuchen Tiere auch, um herauszufinden, wie sie sich an verschiedene Umweltbedingungen anpassen. Dies hilft unter anderem auch, das Aussterben bedrohter Arten zu verhindern.
Wie funktioniert die Entwicklung eines Medikaments?
Die Entwicklung eines Medikaments kann man in fünf Stufen einteilen:
- Identifizierung eines Angriffpunkts (‘Target’). Das ist medizinische Grundlagenforschung. Es wird versucht, eine Krankheit so gut zu verstehen, dass man erkennt, wo ein Medikament ansetzen könnte, z.B. durch Blockierung eines Enzyms oder Rezeptors. Die meisten Tierversuche werden in der Grundlagenforschung gemacht, etwa 56%. Weitere 14% aller Tierversuche dienen der gezielten Erforschung von Krankheiten, wobei die Grenzen zur Grundlagenforschung fließend sind (Versuchstierzahlen 2021).
- Substanzfindung. Nun wird eine Substanz gesucht, die den gewünschten Effekt auf das Target hat. Oft wird dafür ein in-vitro Modell entwickelt und tausende Substanzen durchgetestet. Hierfür werden normalerweise keine Tiere benötigt.
- Überprüfung der Wirksamkeit. Wenn für die Krankheit ein geeignetes Tiermodell existiert, wird oft geprüft, ob die Substanz den gewünschten Effekt hat. Dieser Schritt ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann aber helfen, unwirksame Substanzen frühzeitig auszusortieren. Hier gemachte Versuche fallen ebenfalls unter die oben erwähnten 14%.
- Giftigkeitstests. Bevor die Substanz erstmalig Menschen verabreicht wird, muss sie auf Giftigkeit getestet werden. Damit man nicht an einer Tierart testet, die zufällig einen Giftstoff außergewöhnlich gut verträgt, wird immer in zwei verschiedenen Tierarten getestet, die nicht nahe miteinander verwandt sind, z.B. Ratte und Schwein. Etwa 17% der Tierversuche werden hier gemacht. Substanzen mit zu starken Nebenwirkungen werden aussortiert. Für die anderen wird aufgrund der Ergebnisse errechnet, welche Dosis für Menschen vermutlich harmlos ist. Diese Tests sind gesetzlich vorgeschrieben.
- Klinische Studien. In drei (bzw. vier) Phasen wird die Substanz an Menschen getestet. Auch diese Tests sind gesetzlich vorgeschrieben.
- Klinische Phase 1: Zuerst wird die Substanz an 20-80 gesunden Freiwilligen erprobt. Zur Sicherheit beginnt man mit der niedrigsten Dosis. Es wird getestet, welche Nebenwirkungen auftreten, wie die Substanz aufgenommen wird und sich im Körper verteilt (Pharmakokinetik), und wie hoch die maximal verträgliche Dosis ist.
- Klinische Phase 2: Sind die Ergebnisse aus Phase 1 vielversprechend, wird die Substanz in Phase 2 an 100-800 freiwilligen Patienten getestet – also Menschen, die an einer Erkrankung leiden, gegen die die getestete Substanz wirken soll. Hier wird erstmalig geprüft, ob die Substanz das auch tut und welche Dosen für eine Wirkung benötigt werden.
- Klinische Phase 3: Sind die Ergebnisse aus Phase 2 vielversprechend, wird die Substanz nun an vielen freiwilligen Patienten getestet (hunderte bis tausende). In dieser Phase wird die Substanz normalerweise mit einem Placebo und/oder einem etablierten Medikament verglichen. Weder die untersuchenden Ärzte noch die Patienten wissen hierbei, welcher Patient in welcher Gruppe ist (sog. Doppelblind-Studie). Erst Phase 3 kann endgültig zeigen, ob und wie gut die Substanz wirkt. Durch die hohe Zahl der Teilnehmer können hier auch seltenere Nebenwirkungen entdeckt werden. Ist die Substanz auch in diesem Test vielversprechend, wird sie als Medikament zugelassen.
- Klinische Phase 4 (nach der Zulassung): Manche Nebenwirkungen treten nur in sehr wenigen Patienten auf. Wenn Komplikationen z.B. mit einer Häufigkeit von 1:10.000 auftreten, können sie erst gefunden werden, wenn das Medikament von zehntausenden Patienten benutzt wird. In Phase 3 können sie dagegen nicht auffallen. Daher werden neue Medikamente nach der Marktzulassung genau beobachtet. Treten seltene Nebenwirkungen auf, wird die Zulassung neu bewertet. Im schlimmsten Fall muss das Medikament wieder zurückgezogen werden. Das ist z.B. bei Lipobay passiert.
Aufgrund der Ergebnisse der klinischen Phasen 1–3 wägen die Behörden ab, ob die Nebenwirkungen vertretbar sind und die Wirkung gesichert. Nur dann wird ein Medikament zum Verkauf zugelassen. In Deutschland macht das das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Hierbei werden bei einem lebensrettenden Medikament natürlich stärkere Nebenwirkungen in Kauf genommen als etwa bei einem Kopfschmerzmittel. Außerdem wird in Erwägung gezogen, ob für die betreffende Krankheit bereits Medikamente existieren.
Es ist wichtig zu unterstreichen, dass diese Abschätzung aufgrund der Daten von menschlichen Versuchsteilnehmern durchgeführt wird. Ein Medikament wird niemals zugelassen, nur weil es in Tieren wirkt. Die Giftigkeitsbestimmung mit Tieren dient dem Schutz der Versuchsteilnehmer in Phase 1 der klinischen Studien, nicht der abschließenden Beurteilung der Nebenwirkungen.
Ausführlichere Beschreibungen der Medikamententwicklung findet Ihr hier und hier.
Sind Tierversuche auf den Menschen übertragbar?
Menschen und Tiere sind einander ähnlicher als man vielleicht denkt. Unsere biologischen Ähnlichkeiten ermöglichen es, biologische und physiologische Vorgänge, die beim Menschen ablaufen, auch in Tieren zu beobachten oder bestimmte menschliche (Krankheits-)Zustände in Tieren zu erzeugen. Zum Beispiel stammt vieles, was wir über das Immunsystem wissen aus Studien an Mäusen, während Untersuchungen an Hunden ein tieferes Verständnis des Herzkreislaufsystems ermöglicht haben.
Wissenschaftler:innen wählen das Tiermodell, welches sie für am geeignetsten halten, um eine bestimmte Frage zu beantworten oder Krankheit zu erforschen. Da sich verschiedene Tierarten – genau wie Menschen – genetisch und physiologisch unterscheiden, kann dies eine große Herausforderung sein. Tiermodelle für menschliche Krankheiten sind z.B. nur so gut, wie unser gegenwärtiges Verständnis von den menschlichen Krankheiten. Wissenschaft ist ein sich entwickelnder Prozess und jedes Tiermodell für eine Krankheit führt zu besserem, grundlegendem Verständnis von biologischen Prozessen und trägt zum Fortschritt von therapeutischen Methoden bei – auch wenn die spezifischen Details für eine künftige Therapie noch nicht geklärt sind.
Einige Behandlungsansätze (wie z.B. Medikamente) erfordern zudem aus medizinischen, ethischen und rechtlichen Gründen vorhergehende Tests an Tieren, damit sie zugelassen werden können. Das ist nötig um abschätzen zu können, wie ein Behandlungsansatz das biologische System von Menschen beeinflussen wird und um Risiken zu minimieren. Daher sind Labortiere ein wichtiger Bestandteil wissenschaftlichen Fortschritts. Tatsächlich spielen Tierversuche in nahezu jedem großen medizinischen Durchbruch des letzten Jahrhunderts eine zentrale Rolle (siehe dazu auch: Zeitleiste des medizinischen Fortschritts von Animalresearch.info).
Gibt es Alternativen zu Tierversuchen?
Eine detaillierte Erörterung dieser Frage findet sich auf der Seite Alternativen zu Tierversuchen. Hier ist eine Zusammenfassung.
Tierschutzregelungen verpflichten die Forscher zur Einhaltung der sogenannten 3 R’s (Replace, Reduce & Refine; zu deutsch: Vermeiden, Verringern & Verbessern). In Deutschalnd ist die Einhaltung der 3 R’s zentrale, gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung für die Genehmigung eines Forschungsprojektes, welches Tiere verwendet. Das heißt: Gemäß geltendem deutschen Recht können Tierversuche nur dort zum Einsatz kommen, wo es keine Alternativen gibt.
Eine komplette Abschaffung von Tierversuchen ist leider nicht ohne Beeinträchtigung eines Großteils der biomedizinischen Forschung möglich. Computer-Simulationen, Mikro-Dosierungen, bildgebende Verfahren und In-Vitro-Tests werden oft als Alternativen zu Tierversuchen genannt. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass diese Methoden jemals Tierversuche (in ausreichendem Maße) ersetzen können. Der Grund hierfür ist, dass jede wissenschaftliche Methode nur bestimmte Fragen beantworten kann. Daher können Versuche an Zellkulturen, Computer-Modelle, bildgebende Verfahren und Tierversuche einander nicht ersetzen. Zum Beispiel können Computer-Modelle nur durchgeführt werden, wenn man bereits Informationen hat, die man in das Modell einspeisen kann. An diese Informationen kann man jedoch nur heran kommen, indem man sie von einem lebenden Organismus (z.B. einem Versuchstier) erlangt. In-Vitro-Experimente, die an Molekülen (wie Proteinen oder DNA) oder auch an Zellkulturen durchgeführt werden, sind sehr gut geeignet um herauszufinden, was in einer einzelnen Zelle vor sich geht. Sie sind allerdings nicht immer sinnvoll um herauszufinden, wie verschiedene Gewebe oder Organe in einem ganzen Körper arbeiten. Auf absehbare Zeit sind wir auf Untersuchungen an lebenden Tieren angewiesen, um wichtige wissenschaftliche Fragen zu beantworten und Krankheiten effektiv bekämpfen zu können.
Leiden Tiere nicht in Experimenten?
Forscher, Tierärzte und Tierpfleger tun alles in ihrer Macht stehende, um unnötige Schmerzen und Leiden bei den Versuchen zu minimieren. Viele der an Tieren durchgeführten Verfahren, wie zum Beispiel Verhaltensbeobachtungen, fügen den Tieren keine Schmerzen oder Unannehmlichkeiten zu. Nichtsdestotrotz gibt es Methoden, bei denen Schmerzen oder Leiden unvermeidbar sind. Dies trifft häufig auf Studien zur Überprüfung von Therapieerfolgen, sowie auf Studien zu schmerzhaften, medizinischen Zuständen (z.B. schwerwiegenden Infektionen oder Verletzungen) zu. Die hiermit verbunden Schmerzen werden wie in der Humanmedizin mit Anästhetika (Betäubungsmittel) und Analgetika (Schmerzmittel) gelindert. Allerdings ist es – genau wie bei Patienten – nicht immer möglich, die Schmerzen komplett zu unterbinden.
In manchen Experimenten werden Belastungen (z.B. Stress) untersucht. Gerade weil die Wissenschaftler solche Parameter bei den Versuchstieren messen, wissen sie, wie stark die tatsächliche Belastung ist. Oft liegt diese künstliche Belastung weit unter derer, der Haustiere wie Hunde und Katzen, aber auch wildlebende Tiere ausgesetzt sind.
Es gibt strikte gesetzliche Regelungen, die garantieren, dass Versuchstiere nicht unnötig leiden. Tatsächlich ist Forschung an Tieren der am stärksten regulierte mit Tieren verbundene Bereich (im Vergleich zu z.B. der Haltug von Haustieren oder der Fleisch- und Lebensmittelproduktion). In Deutschland müssen alle Tierversuche von einer unabhängigen Behörde (den Regierungspräsidien) genehmigt werden. In diesem Genehmigungsprozess wird sorgfältig begutachtet welchen Prozeduren das Tier während des Versuchs ausgesetzt ist und welche Schmerzen und Belastungen damit verbunden sind. Die Einhaltung der Regeln wird konsequent durch die Tierschutzbeauftragten jeder Forschungseinrichtung sowie die Veterinärämter überwacht. Ähnliche Regeln und Einrichtungen gibt es auch in allen anderen europäischen und nordamerikanischen Ländern.
Natürlich ist Leiden nicht nur Schmerz und Stress. Ein Tier kann leiden, wenn seine biologischen oder sozialen Belange nicht erfüllt sind. Daher kümmern sich spezialisierte Tierärzte um das Wohlbefinden aller Versuchstiere. Neben der Bereitstellung von Nahrung, Wasser und eines sauberen, komfortablen Lebensraums ist es Vorschrift, die Umwelt des Tieres mit Spielzeugen, Rückzugsorten und anderen Dingen anzureichern. Soziale Tiere (wie z.B. Ratten und Affen) werden in Gruppen untergebracht.
Insgesamt versuchen Forscher alles erdenklich Mögliche um das Leiden der Versuchstiere zu minimieren. Wo Leiden unvermeidlich ist, tun sie alles um dieses soweit wie möglich zu reduzieren.
Warum verwenden Forscher:innen genmanipulierte Tiere?
Durch die erstaunlichen Fortschritte in der Genetik ist es heute möglich, gezielt einzelne Gene in Tieren zu verändern. Diesen Techniken verdanken wir ein rasant wachsendes Verständnis der Funktionen unserer Gene in Gesundheit wie Krankheit. Das führte zu neuen diagnostischen Methoden, von Tests auf Erbkrankheiten wie Huntington über Vaterschaftstests bis zur forensischen Genetik. Besonders aufschlussreich für die genetische Grundlagenforschung war und ist die Maus. In ihr lassen sich Gene besonders leicht verändern. Gleichzeitig sind fast alle Gene, die in Mäusen vorhanden sind, auch in Menschen vorhanden (auch wenn die Sequenz oder die Regulation der Gene sich unterscheiden kann).
Die Erforschung des Genoms der Maus ist inzwischen derart weit fortgeschritten, dass man bestimmte Gene ausschalten (daher heißen diese Mäuse auch „Knock-Out-Mäuse“) und gegebenenfalls durch andere ersetzen kann. So können ganz gezielte Veränderungen in den Tieren herbeigeführt werden, eine unverzichtbare Basis für die Untersuchung von Genfunktionen. Durch solche Techniken konnten Wissenschaftler bereits die Funktionsweisen unzähliger menschlicher Gene entschlüsseln, darunter SRY (bestimmt das Geschlecht), Leptin (reguliert das Hungergefühl) oder PD-1 (Teil des Immunsystems und die Basis neuartiger Krebsmedikamente).
Durch Veränderung einzelner Gene lassen sich auch menschliche Erbkrankheiten in Tieren simulieren. Z.B. zeigen Mäuse, die mit einem Gen gezüchtet wurden, das bei Menschen eine erbliche Form von Alzheimer auslöst, ganz ähnliche Symptome wie die menschlichen Patient:innen. Solche Mäuse haben uns ermöglicht, Substanzen zu finden, die die Bildung der Alzheimer-typischen Eiweißablagerungen im Gehirn verhindern. Es wird momentan getestet, ob diese Substanzen den Fortschritt der Krankheit in Patienten verlangsamen können.
Professor Pier P. Pandolfi fand heraus, dass eine seltene Form der Leukämie, die sog. Promyelozytenleukämie, durch verschiedene Gen-Anomalien ausgelöst werden kann. Daraufhin züchtete er genetisch veränderte Mäuse, die ebenfalls diese Anomalien aufwiesen. Diese Mäuse ermöglichten, die Auswirkungen der Gen-Anomalien im Detail zu verstehen und Therapien zu entwickeln. Die Arbeit mit genveränderten Mäusen machte aus einer fast immer und sehr schnell tödlich endenden Krebsart eine Krankheit mit inzwischen sehr guten Heilungsaussichten (77% Überlebensrate).
Eine große Hoffnung der Genetik ist, Gentherapien für Menschen zu entwickeln. Hierbei soll die Ursache für Erbkrankheiten an der Wurzel gepackt und Gene im Körper lebender Patienten verändert werden. Ein Beispiel ist die spinale Muskelatrophie (SMA). Diese Krankheit wird durch eine Mutation des Gens SMN1 verursacht. Der Gendefekt schädigt Nerven, die die Muskeln ansteuern, sogenannte Motorneurone. Kinder, die mit SMA geboren werden, leiden unter extremer Muskelschwäche und sterben meist noch im Säuglingsalter. In einem Mausmodell für die Krankheit – also einer Maus, die mit dem gleichen Gendefekt gezüchtet wurde – testeten Wissenschaftler Möglichkeiten, das kranke Gen durch ein gesundes zu ersetzen. Das gelang ihnen schließlich mit Hilfe eines genveränderten, aber ansonsten harmlosen Virus. Während unbehandelte Mäuse mit diesem Gendefekt nach etwa 14 Tagen sterben, waren behandelte Mäuse nach über einem Jahr noch am leben (gesunde Mäuse leben etwa zwei Jahre).
Erfolge werden außerdem vermeldet bei der Entwicklung von Gentherapien gegen eine Reihe weiterer Krankheiten, wie Mukoviszidose, Wiskott-Aldrich-Syndrom oder Aids.
Wer kümmert sich um das Wohlergehen der Tiere im Labor?
Jeder, der in den Laboren mit Tieren arbeitet, kümmert sich schon allein im Interesse der eigenen Forschung um deren Wohlergehen. Zusätzlich haben alle Forschungseinrichtungen, die mit Tieren arbeiten Tierschutzbeauftragte, die das Wohlergehen der Tiere sicherstellen. Es gibt ferner zahlreiche professionelle Gruppen die sich aktiv um das Wohlergehen von Versuchstieren kümmern. Hochqualifiziertes, intensiv geschultes Tierpflegepersonal, Tierärzte und Wissenschaftler sind alle aktiv um das Wohlergehen der Tiere bemüht. Die Verantwortlichen behandeln die Tiere mit Mitgefühl und Respekt, kümmern sich um ihre täglichen physischen und psychischen Belange und melden jedliche Bedenken den zuständigen Stellen.
Desweiteren sind zahlreiche nationale, regionale und lokale Regelungen und Richtlinien darauf bedacht das Wohl der Tiere, welches für alle Beteiligten von zentraler Bedeutung ist, zu garantieren und zu beaufsichtigen.
Die sogenannten 3 R’s (Replace, Reduce & Refine; zu deutsch: Vermeiden, Verringern & Verbessern) sind Leitlinien für ethischen Einsatz von Tieren in Wissenschaft und Forschung. Wissenschaftler verpflichten sich, Tierversuche, wo immer möglich, zu vermeiden und zu verringern. Außerdem entwickeln sie Strategien um Tierversuche kontinuierlich zu verbessern und Schmerz und andere Belastungen der Tiere weiter zu minimieren.
Führen Forscher:innen Tierversuche durch, um viel Geld zu verdienen?
Nein. Die meisten Wissenschaftler könnten in anderen Bereichen deutlich mehr verdienen. Stattdessen wählen sie Forschung, weil sie Antworten auf komplizierte Fragen suchen. Tierversuche sind oft nötig, um diese Antworten zu finden. Forschungsgelder sind generell knapp und werden es auch bleiben. Derzeit werden je nach Bereich nur ca. 10–30% der Förderanträge genehmigt. D.h. mehr als zwei Drittel aller Projekte, die auf Forschungsmittel angewiesen sind, erhalten keine.
Hinzu kommt, dass Tierversuche selbst sehr teuer sind. Unterbringung, Verpflegung und angemessene Pflege erfordern gut ausgebildetes Personal, darunter Pfleger und Tierärzte. Damit sind hohe Kosten verbunden.
Tierversuche sind entscheidend für einen kontinuierlichen Fortschritt in Wissenschaft und menschlicher wie tierischer Gesundheit. Der Lohn, den Forscher dafür erhalten ist nicht Geld, sondern Behandlungsmöglichkeiten, von denen Menschen und Tiere profitieren.
Was ist eigentlich Grundlagenforschung?
Grundlagenforschung ist erkenntnisorientierte Forschung, die nicht notwendigerweise direkt im nächsten Schritt zu einem Produkt oder einer Therapie führt. Manche Menschen verkennen den Wert dieser Forschung. Sie denken sie sei sinnlos und könne daher weder das Steuergeld wert, noch eine ethische Begründung für Tierversuche sein. Manche sprechen abwertend von „Neugierforschung“, die nicht unterstützt werden sollte.
Das Gegenteil ist der Fall. Seit den Anfängen der Menschheit hat menschliche Neugier dazu geführt, dass unsere Lebensbedingungen immer besser wurden. Durch Neugier getriebene Erkenntnisse wurden schon immer eingesetzt, um Ressourcen klug zu nutzen oder Nahrungserzeugung und Lebensgemeinschaften zu verbessern. Spätestens seit der Aufklärung diente die Neugier und ihre Formalisierung als Wissenschaft systematisch dazu, sämtliche Lebensbereiche der Menschen zu verbessern. Die Neugier und die daraus entstehende Forschung hat sehr langanhaltende Effekte – viel länger als der Horizont der meisten Menschen.
Wissenschaft ist – auch wenn sie klug geplant ist – immer auch ein Aufbruch ins Unbekannte. Der Lauf der Erkenntnisse ist nur sehr bedingt planbar. Wann der entscheidende Durchbruch gelingen wird, kann keiner abschätzen. Oft ist nicht einmal genau bekannt was genau dieser Durchbruch sein wird. Bei der Grundlagenwissenschaft ist aber eines klar: Alle klug und stringent ausgeführten Experimente liefern wertvolle Erkenntnisse, die das Potential haben, in Zukunft als Grundlage zur Schaffung neuer Anwendungen und Verbesserungen genutzt zu werden.
Ein einfaches Beispiel: Wenn wir heute in Deutschland unseren Wohlstand damit schaffen Autos zu bauen – also (unter anderem) unter Ausnutzung des Feldes der Mechanik –, so nutzen wir die „Neugierforschung“ von Physikern wie Newton und Galilei vor über dreihundert Jahren. Ebenso wird ein Teil unserer heutigen Grundlagenforschung seine Wohlstandseffekte wohl auch erst in Generationen entwickeln. Es ist daher kurzsichtig und egoistisch, auf die Grundlagenwissenschaften zu deuten und zu sagen, „das bringt mir nichts“. Die grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse bilden die Basis für den Wohlstand zukünftiger Generationen. So erklärt das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Grundlagenforschung „ist die Basis für Erkenntnisgewinn und Fortschritt. Aufbauend auf den Ergebnissen mehrerer Jahrhunderte entstehen daraus Anwendungen, Innovationen und neue Technologien.“
Die biomedizinische Grundlagenforschung, die Tierversuche nutzt, macht hier keine Ausnahme. Die biomedizinische Forschung wird direkt (als bessere Gesundheit) oder indirekt (als ökonomische Nutzung) zur Verbesserung der Lebensumstände zukünftiger Generationen beitragen.
Genau diese Überlegungen sind auch der Grund, warum Tierversuche für die Grundlagenforschung im deutschen Tierschutzrecht grundsätzlich erlaubt sind (natürlich nach dem Durchlaufen der gesetzlichen Genehmigungsverfahren).